Alfred Tomatis

Alfred Tomatis war ein HNO-Arzt, der sein Leben lang die enge Verbindung von Stimme, Gehirn und Ohr erforschte. Seine Arbeit war bahnbrechend für die Erkenntnisse darüber, wie der Mensch mit anderen und mit sich selbst kommuniziert.

 

Alfred Tomatis (1920-2001) war ein französischer HNO-Arzt, Wissenschaftler und Begründer der nach ihm benannten Methode. Sein Werk hatte eine bahnbrechende Wirkung auf das Verständnis der Funktionen des Ohrs und gilt als wahrer Meilenstein bei der Behandlung von motorischen, emotionalen und kognitiven Störungen.

 

In Nizza 1920 wurde Tomatis mit 7 Monaten geboren. Er wuchs bei seiner Großmutter auf und ging mit 11 Jahren nach Paris. Sein Vater lebte bereits dort und war ein berühmter Opernsänger in Paris. Sein Wunsch war Arzt zu werden. Er studierte Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde.

Alfred Tomatis

 

Viele seiner Patienten waren Sänger und Freunde seines Vaters.

 

Nach dem Krieg wurde Tomatis von der Luftfahrindustrie beauftragt, das Hörvermögen der Angestellten zu untersuchen, die dem täglichen Flugzeuglärm ausgesetzt waren. Bei den audiometrischen Profilen fand er Übereinstimmungen zu denen von Sängern, da diese eine Lautstärke von mehr als 120 dB erzeugen, vergleichbar mit der Lautstärke eines Düsentriebwerkes und somit ihr Gehör schädigen können.

 

Piloten sollten nach dem Kriegsende entlassen werden. Man bat Tomatis die Untersuchungen vorzunehmen, um mit den Ergebnissen, eine Auswahl zu treffen. In den Hörprofilen zeigten sich Unterschiede zwischen Piloten, die aus reiner Freude an ihrem Beruf flogen und denjenigen, die wegen dem Geld flogen. Bei Piloten, die aus Freude fliegen wollten, zeigten die Hörprofile bei hohen Frequenzen einen Anstieg. Bei Piloten, die fliegen mußten, um Geld zu verdienen, zeigten Kurven einen Abfall ab ca. 1000 Hz. Tomatis schlussfolgerte, dass ein Hörprofil nicht nur physiologische, sondern auch psychologische Hinweise beinhaltet.

 

Alfred Tomatis zeigte am Beispiel seiner Patienten das Phänomen der audio-vokalen Schleife und betonte, dass “die Stimme nur enthält, was das Ohr hören kann”.

 

Alfred Tomatis bemerkte einen grundlegenden Unterschied zwischen Hören und Zuhören: Hören bezieht sich auf die passive Rezeption von Lauten. Beim Zuhören dagegen geht es um die Erfassung des Sinns einer sensorischen Information. In den 50iger Jahren entwickelte Tomatis ein Gerät, um das Hören zu trainieren.. Er nannte es „Elektronisches Ohr“.

 

In den 50iger Jahren entwickelte er ein Gerät, das die Fähigkeit des Zuhörens wiederherstellen sollte. Kernstück dieser Maschine ist ein besonderes Klangsystem, die “Elektronische Klangwippe”. Er nannte es das „Elektronische Ohr“.

 

1957 reichte er seine Erkenntnisse bei der Akademie der Wissenschaften in Paris ein. In diesen “Tomatis-Gesetzen” legte er folgende Grundsätze nieder:

1. Die Stimme enthält nur das, was das Ohr hören kann.

2. Wenn das Hören eine Veränderung erfährt, ändert sich unmittelbar und unbewusst auch die Stimme.

3. Durch eine gezielte Klangstimulation, die über einen gewissen Zeitraum erfolgen muss, kann die Stimme dauerhaft verändert werden.

 

1958 wurde auf der Weltausstellung in Brüssel das erste Elektronische Ohr vorgestellt. Alfred Tomatis erhielt dafür die Goldmedaille für wissenschaftliche Forschung.

 

Mitte der 60iger Jahre behandelte er eine Sopranistin, die die hohen Frequenzen trainieren wollte; diese hatte ihr 10 jähriges Kind (Autist) dabei. Das Kind stand im Raum in einer Ecke und setzte sich auf den Schoß der Mutter bei hohen Frequenzen. Dieses Erlebnis war der Auslöser für die Forschungen von Tomatis über das Hören im Mutterleib Er war einer der ersten Spezialisten, die erkannten und darauf hinwiesen, dass der Fötus ab der achtzehnten Schwangerschaftswoche hört und dass das Ohr für die kognitive Entwicklung von großer Bedeutung ist. Schließlich konnte er nachweisen, dass intrauterines Hören die emotionale Entwicklung des Menschen stark beeinflusst.

 

Tomatis fand heraus, dass das Ohr auch für die Körperhaltung, das Gleichgewicht und den Muskeltonus eine wichtige Rolle spielt.

 

Er entwickelte die Hypothese über die auditive Lateralität und die Existenz eines dominanten Ohrs. Aus all seinen Erkenntnissen und den Wechselwirkungen, die er zwischen der Psychologie und der HNO-Heilkunde entdeckte, gründete er einen neuen wissenschaftlichen Fachbereich - die Audio-Psycho-Phonologie.

 

Seine Methode half Menschen mit größeren Beeinträchtigungen und konnte ihre Lebensqualität und die ihrer Angehörigen wesentlich verbessern.

 

Viele berühmte Persönlichkeiten konsultierten Alfred Tomatis. , Die meisten wollten anonym bleiben, einige haben sich öffentlich bekannt, u.a. Maria Callas, Gerard Depardieu, Placido Domingo Romy Schneider, Juliette Binoche und Sting.

 

Alfred Tomatis schrieb 14 Bücher, einige davon sind auch in deutscher Sprache erschienen: Das Ohr – die Pforte zum Schulerfolg (1988), Klangwelt Mutterleib (1989). Alle diese Bücher zeugen von dem Wunsch, seinen methodischen Ansatz allgemein verständlich zu machen und sich direkt an ein großes Publikum zu wenden. Er wurde jedoch scharf kritisiert von einigen Fachkollegen, die seinen methodischen Ansatz nicht anerkannten.

 

Während seiner Laufbahn war Alfred Tomatis sowohl umstritten als auch bewundert. Er war umstritten zu einer Zeit, als die Hirnforschung noch in den Kinderschuhen steckte. Bewundert wurde er, weil er seinen Visionen folgte und seine Ideen verteidigte. Immer war er fest entschlossen, Lösungen zu finden, ungeachtet aller Kritiker. Leben zu verbessern – das war alles, was für ihn zählte. Schließlich trat er 1974 aus der französischen Ärztekammer aus, bevor man ihn ausschließen konnte.

 

Alfred Tomatis war Vater von fünf Kindern.

 

Im Ausland wurde die Tomatis® Methode sehr positiv aufgenommen. Weltweit war Alfred Tomatis mit seiner Frau Lena unterwegs, um seine Methode zu präsentieren. Tomatis-Zentren wurden in ganz Europa, Kanada, den USA, Südafrika und Japan eröffnet.

 

Tomatis erkannte schon damals die Plastizität des Gehirns und die Beziehung zwischen Ohr und Gehirn.

 

Normen Doidge (Neurologe) würdigt in seinem Buch „Wie das Gehirn heilt“ die Arbeit von Tomatis. Erst jetzt können seine Entdeckungen voll erfasst werden.

 

Immer mehr verbreitet sich das Wissen, das Zuhören und emotionale Führungskapazität zusammen hängen, dass das Ohr eine Energiequelle für das Gehirn ist, dass es auf motorische Fähigkeiten und die Körperhaltung wirkt und dass eine Horchbehandlung bei Störungen, die mit Verhalten, Emotionen, Sprache und Stimme zusammenhängen, eine wirksame zusätzliche Hilfe darstellt.


Heute wird seine Methode als einzigartiges und wirkungsvolles Instrument von Pädagogen und Therapeuten angewendet.